Bewerbungenschwemme…

 

Vor kurzem titelte das 20min: Landen jährlich 30 Mio Bewerbungen im Müll?

Arbeitslose in der Schweiz müssen pro Monat ein Minimum an Bewerbungen verschicken. Kritiker beklagen, so entstehe eine Flut unpassender Bewerbungen.

Ich hatte letztes Jahr auch das „Vergnügen“ arbeitslos zu sein und aufs RAV zu müssen. Ich habe schon damit begonnen diese Erfahrung zu beschreiben, denn sie öffnet einem durchaus die Augen und man fragt sich wie man als Gesellschaft so mit Menschen umgehen kann. Das Ganze ist aber noch nicht fertig und die aktuelle Berichterstattung passt gerade nicht so in’s timing… deswegen ziehe ich nun einen kleinen Bericht vor.

Da war ich also auf dem RAV mit meinen doch eher speziellen Kenntnissen, welche mich auf eine gewisse Weise nicht sehr gut vermittelbar machten. Zwar habe ich fast 15 Jahre Erfahrung im technischen Support, war mind. das letzte drittel als Technical Lead des 2ndLevels/Assurance und eines Workflowsystems angestellt, aber eine dazugehörige Ausbildung mit Ausweisen und Zertifikaten habe ich nicht. Entsprechend gab es wenige passende Jobs für mich. Dieses Einsehen hatte auch meine Beraterin, so dass ich nur 10 Bewerbungen pro Monat schreiben musste. „Eine neue Stelle zu suchen ist ein Vollzeitjob“ hiess es immer wieder von verschiedenen Seiten. Aber bei diesen Vollzeitjob ging es nicht etwa um die Qualität sondern rein um Quantität, was auch bei mir zu dem im Artikel erwähnten Problem führte: ein Teil meiner Bewerbungen war von Anfang an ohne Aussicht auf Erfolg.

„Zum Glück“ (das ist extrem ironisch gemeint) fand ich einen Stellenvermittler, der seinen Namen eigentlich nicht Wert ist. Aber seine Website bot eine einfache und schnelle Möglichkeit Bewerbungen zu verschicken und so die Vorgaben des RAV zu erfüllen. Das Lesen von etlichen Stelleninseraten blieb aber eine Qual und war eine sinnlose Zeitverschwendung.

Interessant fand ich auch, wie diese Bewerbungen kontrolliert wurden. Rein vom Gefühl würde ich sagen: Gar nicht. Es wurde auch nicht gefragt was denn aus Stellen wurde, für die ich nicht gleich eine Absage kassierte und diese entsprechend auf der Liste ausgefüllt hatte. Im darauf folgenden Monat füllte ich einfach die nächste Liste aus…

Bei einem obligatorischen RAV-Kurs (der alleine schon einen eigenen Artikel Wert ist) erfuhr ich dann, dass viele KMUs ihre Stellen offenbar nicht mehr öffentlich ausschreiben, weil sie die Bewerbungsflut gar nicht handhaben können. Diese Unternehmen haben oftmals kein richtiges HR, sondern der Patron oder sonst wer schaut sich die Bewerbungen neben der eigentlichen Arbeit an. Wenn man sich nun also vorstellt, dass auf eine offene Stelle 100te Bewerbungen eingehen kommt sehr schnell eine riesen Menge Arbeit auf einen zu, schon nur um allen Bewerbern Absagen zu schicken. Da war jedem aufmerksamen Teilnehmer der Fehler im System offenkundig…
Das führt aber nicht etwa dazu, dass an der Anzahl Bewerbungen etwas geändert wird. Nein, es wird einem beigebracht wie man sich „spontan“ bewirbt. Spontan heisst aber nicht etwa aus einer Gelegenheit heraus ohne viel Aufwand für die Beteiligten. Nein, spontan heisst: man bewirbt sich bei Firmen welche gar keine Stellen ausgeschrieben haben! 😀 Die Bewerbung selbst braucht also noch mehr Aufwand, weil man sich verstärkt mit dieser Firma auseinander setzen muss um sein Interesse zu zeigen und verlangt dann sozusagen, dass die Firma intern abklärt ob sie einen passenden Job hätten 😀 Natürlich kann das im Einzelfall funktionieren, und wenn man unbedingt bei seiner Wunschfirma unterkommen möchte ist das sicher auch ein guter Weg. Man bedenke aber was daraus wird wenn plötzlich eine grosse Masse an Arbeitslosen sich dieser Methode bedient, einfach weil sie muss…

Natürlich ist meine Erfahrung relativ klein. Ich war nur 4 Monate arbeitslos, habe nur einen Kurs besucht und nur ein RAV von innen gesehen… aber wenn man sich mit Freunden austauscht und Kommentare liest, dann leben die im Artikel zitierten Sprecher in einer anderen Welt. Alle haben die selben Erfahrungen gemacht. Der Ablauf ist weder effizient noch zielgerichtet und verursacht kaum enden wollende Leerläufe. Qualitätssicherung ist im ganzen Prozess schlicht inexistent obwohl sie aus meiner Sicht das einzige Mittel wäre, um das ganze effizienter zu machen. Dafür wird ein unendlicher Papierkrieg angefangen, dem man kaum Herr werden kann und für Fehler sehr anfällig ist (auf BEIDEN! Seiten). Aber was mich am meisten störte ist diese Stimmung, die über allem schwebt: Jeder Arbeitlose will auf der faulen Haut liegen und sich auf Kosten der Gesellschaft ein schönes Leben machen. Dies gilt es um jeden Preis zu verhindern! Kein Wunder fühlt man sich auf dem RAV wie bei einem Begräbnis in der Kirche. Das ist aber eine andere Geschichte, die erzähle ich ein ander mal 😉

 

 

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